Forscher um Professor Stefan Kochanek, Leiter der Abteilung Gentherapie der Ulmer Universitätsmedizin, haben im Corona-Impfstoff Vaxzevria Verunreinigungen nachgewiesen. Ob diese die Wirksamkeit des Impfstoffs beeinflussen oder mit Impfreaktionen zusammenhängen, kann die hierzu veröffentlichte Studie jedoch noch nicht beantworten.
Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher auf dem Preprint-Server Research Square. Als Grund für ihr Untersuchungen geben die Autoren der Studie die seltenen Fälle von thrombotischer Thrombozytopenie nach der Impfung mit dem Vektor-Impfstoff Vaxzevria (AZD1222, ChAdOx1 nCoV-19) an. Diese werden offenbar durch plättchenaktivierende Antikörper gegen Thrombozytenfaktor 4 (PF4) vermittelt. Da die Forscher jedoch wiederholt keine Bindung des ChAdOx1-Virus an Blutplättchen nachweisen konnten und die thrombotischen Ereignisse meist 7 bis 14 Tage nach der Immunisierung auftraten, hielten sie es für eher unwahrscheinlich, dass eine direkte Wechselwirkung des Virus mit Blutplättchen die unerwünschten Ereignisse verursachte.
Insgesamt analysierten die Forscher drei verschiedene Chargen (ABV4678, ABV5811, ABV7764) des AstraZeneca Corona-Impfstoffs durch SDS-Polyacrylamid-Gelelektrophorese (SDS-PAGE) und verglichen das Färbemuster der getrennten Proteine mit denen eines eigenen Adenovirus-Vektor (HAdV-C5-EGFP), der mittels Ultrazentrifugation aufgereinigt war. Zusätzlich wurden die Chargen dann auf DNA-Ebene durch quantitative Polymerasekettenreaktion (PCR) analysiert.
„Das Bandenmuster im Proteingel hat sich in den beiden Proben deutlich unterschieden: Im Vergleich zu dem eigenen Adenovirus-Vektor wiesen die AstraZeneca-Proben deutlich mehr Proteinbanden auf, die nicht durch den adenoviralen Impfstoff erklärbar waren“, erläutert Professor Kochanek.
Der Proteingehalt einer einzelnen Impfstoffdosis von 0,5 ml enthält gemäß Spezifikation 5 × 1010 virale Partikel (12,5 µg). Die Bestimmung des tatsächlichen Proteingehalts der Vaxzevria-Impfstoffchargen lieferte jedoch andere Zahlen: Der Proteingehalt pro Impfdosis lag deutlich über den theoretisch zu erwartenden 12,5 µg – und in einer genauer untersuchten Charge betrug er sogar 32 µg. Um die Proteinzusammensetzung des Impfstoffs genauer zu bestimmen, wurden deshalb Massenspektrometrieanalysen durchgeführt:
Unter den gefundenen menschlichen Proteinen waren Hitzeschockproteine (HSPs) und Zytoskelettproteine besonders häufig. Die oft beobachteten starke klinische Reaktion ein oder zwei Tage nach der Impfung seien deshalb wahrscheinlich mit den nachgewiesenen Proteinverunreinigungen verbunden, so die Autoren. Weiterhin sei denkbar, dass auch die immunbedingten unerwünschten Ereignisse hierdurch auftreten.
„Insgesamt haben wir über 1000 Proteine in den Chargen detektiert: Die Mehrzahl dürfte keine negativen Auswirkungen auf Impflinge haben. Extrazelluläre Hitzeschockproteine sind jedoch bekannt dafür, dass sie angeborene und erworbene Immunantworten modulieren und bestehende Entzündungsreaktionen verstärken können. Sie wurden zudem auch schon mit Autoimmunreaktionen in Verbindung gebracht“, erklärt Professor Kochanek.
Einige der nachgewiesenen Proteine könnten jedoch mehr als nur „inerte Zuschauer“ sein. Die intramuskuläre Injektion von Proteinen, die nicht Teil des aktiven Prinzips des Impfstoffs selbst sind, könne auf verschiedenen Ebenen Auswirkungen haben. Größere Mengen an viralen Proteinen, die nicht in das virale Kapsid eingebaut werden, können die Qualität der Immunantwort beeinflussen und möglicherweise die Aktivität und Wirksamkeit des Impfstoffs negativ beeinflussen. Extrazelluläre HSPs modulieren zudem angeborene und adaptive Immunantworten, können vorbestehende Entzündungszustände verschlimmern, wurden mit Autoimmunität in Verbindung gebracht und können sogar selbst Autoimmunantworten auslösen.
„Einige der HSPs haben auch ATPase-Aktivität und könnten direkt an der Aktivierung von Blutplättchen durch die Erzeugung von ADP nach intramuskulärer Injektion des Impfstoffs in den ATP-reichen Skelettmuskel beteiligt sein“, so das Preprint. In weiteren Studien müsse nun untersucht werden, inwiefern diese Protein-Verunreinigungen die Wirksamkeit des Vakzins mindern oder mit der oftmals starken Impfreaktion zeitnah nach der Impfung zusammenhängen könnten.
In der biopharmazeutischen Industrie ist die Entfernung von Wirtszellproteinen (HCPs) aus dem biologischen Produkt ein kritisches Qualitätsmerkmal, da restliche HCPs ein Risiko für die Patientensicherheit darstellen können, so die Forscher. Im Fall des adenoviralen Corona-Impfstoffs von AstraZeneca reiche die Kontrolle mit den bisher verwendeten Standard-Nachweisverfahren offenbar nicht aus.
Die Ulmer Forschenden empfehlen ergänzende Methoden wie Gel- und Kapillarelektrophoresen sowie massenspektrometrische Untersuchungen, um gegen die Verunreinigungen vorzugehen. „Die Vielzahl der gefundenen Verunreinigungen, von denen zumindest einige negative Effekte haben könnten, macht es nötig, den Herstellungsprozess und die Qualitätskontrolle des Impfstoffs zu überarbeiten. Dadurch ließe sich neben der Sicherheit womöglich auch die Wirksamkeit des Vakzins erhöhen“, so Professor Kochanek.
1. Research Square: Process-related impurities in the ChAdOx1 nCov-19vaccine 2. Universität Ulm: Verunreinigungen im AstraZeneca-Impfstoff gefunden
Das Lipidadsorbens für die nachhaltige Adipositastherapie: Leistungsfähigkeit und Wirksamkeit bestätigt.
Klinische Studie zeigt: Die Einnahme des Ballaststoffs Polyglucosamin Biomedica beeinflusst die Blutfettwerte positiv. Mehr erfahren.
Oxidativer Stress ist einer der Dreh- und Angelpunkte im Infektionsgeschehen bei akutem sowie bei Long-COVID und kann intravenöses Vitamin C erfordern.
Hier finden Sie eine Zusammenfassung aller wichtigen medizinischen Erkenntnisse und aktuelle Nachrichten.
Nach einem Verordnungsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums sollen antivirale Arzneimittel gegen COVID-19 bald direkt in der Hausarztpraxis an den Patienten abgegeben werden dürfen.
Diese Seite dient dazu die zugelassenen Corona-Impfstoffe auf einfache Weise miteinander zu vergleichen. Es kann hierzu eine Auswahl getroffen werden welche Bedingung verglichen werden soll.
Chargenprüfungen und Rückrufe der Hersteller.
Aktuelle Lieferengpässe und Wiederverfügbarkeiten.
Hier können Sie seltene Erkrankungen nach Symptomen suchen:
Seltene Krankheiten von A-Z Schwerpunkt Seltene Erkrankungen
14-tägliche Updates zu News in der Lungenheilkunde.
14-tägliche Updates zu News in der Frauenheilkunde.
14-tägliche Updates zu Haut- und Geschlechtskrankheiten.
Diese Website ist für vertrauenswürdige medizinische Informationen von der Stiftung Health On the Net zertifiziert. Klicken Sie hier, um das zu überprüfen.
Gelbe Liste Online ist ein Online-Dienst der Vidal MMI Germany GmbH (Vidal MMI) und bietet News, Infos und Datenbanken für Ärzte, Apotheker und andere medizinische Fachkreise. Die GELBE LISTE PHARMINDEX ist ein führendes Verzeichnis von Wirkstoffen, Medikamenten, Medizinprodukten, Diätetika, Nahrungsergänzungsmitteln, Verbandmitteln und Kosmetika.